Afrikas Tropenwälder

Kategorien: Ausgabe 51, Regenwald, Westliche Flachlandgorillas, Gorilla Journal

Eingeschlagene Stämme werden auf einer Waldlichtung vor dem Abtransport gesammelt. (© Roberto Cazzolla Gatti)

Die Abholzung tropischer Wälder wirkt sich negativ auf Artenvielfalt, Kohlendioxidbindung und das Gleichgewicht der Treibhausgase aus. Im Vergleich dazu gilt der selektive Holzeinschlag auf lange Sicht häufig als weniger schädlich für das Ökosystem, obwohl vor allem in Afrika einige Evaluierungen dies bezweifeln.

Unsere Untersuchung zeigt, dass die Praxis der selektiven Holzernte, die weltweit die verbreitetste Form der Landnutzung in tropischen Wäldern darstellt, keineswegs so harmlos ist, wie Vertreter kommerzieller Forstwirtschaft es oft behaupten.

Im Rahmen einer dreijährigen Studie in Ghana, Sierra Leone, Kamerun und Gabun untersuchten wir mit unserem Team und der Unterstützung renommierter Forscher den Wald in 511 Parzellen, die unterschiedlich bzw. nicht genutzt worden waren. Es handelte sich um Primärwald, durch selektiven Holzeinschlag genutzte Flächen und nach Kahlschlag entstandene Sekundärwälder. Die Ergebnisse zeigten, dass die Primärwälder sich hinsichtlich vertikaler Struktur, Stammdichte, Pflanzenreichtum sowie Lianen und Unterwuchs maßgeblich von genutzten Wäldern unterschieden. Zur Ermittlung von Auswirkungen der selektiven "Nutzholz-Ernte" auf die Waldökologie verglichen wir mehrere Variablen in den unterschiedlichen Wäldern. Bereits in geringer Intensität bewirkt selektives Holzfällen schwerwiegende Veränderungen des Ökosystems. Die negativen Folgen für Tierwelt, Baumvielfalt und Biomasse nehmen mit der Zeit zu und sind selbst nach 50 Jahren noch wahrnehmbar.

Ferner sind die Auswirkungen der Entnahme kommerziell genutzter Arten größer als erwartet und bleiben jahrzehntelang deutlich sichtbar. Wir schätzen, dass sich die Artenvielfalt bei den Bäumen dadurch halbiert (selbst bei Entnahme von nur 1 oder 2 Stämmen pro Hektar) und die Biomasse um 60% reduziert wird. Wenn die selektive Nutzholz-Ernte nicht in sehr geringer Intensität betrieben wird, beeinflusst sie langfristig die Waldökologie. Dies wiederum wirkt sich negativ auf die Tiervielfalt aus. Ein Großteil der analysierten Wälder ist Lebensraum für Menschenaffen, seltene Vögel, Waldelefanten, vom Aussterben bedrohte Reptilien und Amphibien sowie Insekten. Selektiver Holzeinschlag - selbst in "verantwortungsbewussten Waldmanagement-Programmen" - hat Folgen.

Zertifizierungssysteme sind möglicherweise aus ökologischer Sicht überhaupt nicht nachhaltig. Störungen der Waldökologie durch selektiven Holzeinschlag werden oft unterschätzt, mögliche Langzeitauswirkungen - gerade in Afrika - zuweilen ignoriert. Diese Methode sollte als nicht nachhaltig betrachtet werden, da sie ernst zu nehmende Folgen für Waldstruktur, Dynamik, Artenvielfalt und Ökosystemdienstleistungen hat, die sich erst auf lange Sicht vollständig beurteilen lassen. Genehmigungs- und Waldbewirtschaftungspraktiken sollten demnach unbedingt überdacht werden.

Nachdruck erhält diese Forderung durch eine kürzlich veröffentlichte Studie, die zeigt, wie stark das Wachstum afrikanischer Bäume in den beiden vergangenen Jahrhunderten durch globale anthropogen bedingte Störungen wie den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und den Klimawandel beeinflusst wurde. Das Wachstum aller drei vermessenen, in Zentralafrika weit verbreiteten Baumarten hat sich im letzten Jahrhundert verringert; dies scheint mit dem Anstieg der lokalen Temperaturen zusammenzuhängen.

Unsere Aufmerksamkeit darf folglich nicht nur den zerstörerischen Praktiken wie der Abholzung zum Anlegen von Landwirtschaftsflächen gelten, sondern auch dem selektiven Abholzen der letzten unberührten Wälder Afrikas. Die Kernfrage, ob der selektive Holzeinschlag wirklich nachhaltig ist, beantworten wir klar mit "nein"!

Roberto Cazzolla Gatti

Cazzolla Gatti, R. et al. (2015): The impact of selective logging and clearcutting on forest structure, tree diversity and above-ground biomass of African tropical forests, Ecological Research 30 (1), 119-132