Wiederaufbau im Ostkongo

Das Ende der Kämpfe im Ostkongo erlaubt kleine Erfolge im Gorillaschutz

6.12.2013

Der Osten der Demokratischen Republik Kongos ist seit den 1990er Jahren ein Gebiet unserer Erde, in dem vermutlich kaum jemand gerne leben möchte. Dort und im angrenzenden Uganda haben rund 400 der knapp 900 vom Aussterben bedrohten Berggorillas (Gorilla beringei beringei) ihren Lebensraum. Um sie zu schützen, patrouillierten Wildhüter das 900 Hektar großen Sarambwe-Reservat bis zum Mai 2012, als die Rebellengruppe M23 den Posten zweimal überfiel. Die Situation war zu unsicher geworden. – Jetzt bereiten die Wildhüter ihre Rückkehr vor.

Was sie nach dem Abzug der Rebellen vorfanden, bot einen traurigen Anblick: Der Wildhüterposten im Sarambwe-Reservat wurde geplündert, sämtliche Türschlösser sind aufgebrochen und alle Fensterscheiben kaputt. Verschiedene Rebellengruppen sind durch das Reservat gezogen, haben Bäume gefällt und gewildert.

Claude Sikubwabo, Assistent der deutschen Berggorilla & Regenwald Direkthilfe (B&RD) und gelernter Biologe, ist langjähriger Ansprechpartner für die Gorillaschützer in der Virunga-Region: "Endlich erhalten wir wieder zuverlässige und verwertbare Informationen, insbesondere über den Zustand der Wildhüterstation, über illegale Aktivitäten im Reservat und über die Leute, die momentan das Gebiet kontrollieren." Inzwischen unterstützen die lokalen und die militärisch Verantworlichen erneut und ganz offiziell den Schutz des Reservats, so dass Ad-hoc-Maßnahmen ergriffen werden können. "Das ist wichtig, damit die Infrastruktur im Reservat nicht weiter zerstört wird. Und es zeigt, dass die Regierung hinter den Schutzgebieten steht."

Schützenswerte Biosphäre

Vor etwa 20 Jahren herrschte schon einmal Chaos im Wald von Sarambwe: Mehrere Holzhändler hatten die Genehmigung, Bäume zu fällen, um Bretter herzustellen oder Holzkohle zu gewinnen. Durch Jagd, Wilderei und Fischerei drohten die Ökosysteme des Waldes völlig zerstört zu werden.

1996 wurde der Chef der Umweltbehörde auf die hohe Biodiversität des Reservats aufmerksam, und die Naturschutzbehörde der Demokratischen Republik Kongo (ICCN) begann sich zu engagieren. 1998 finanzierte die deutsche Berggorilla & Regenwald Direkthilfe (B&RD) den ersten Informations- und Aktionsworkshop für die lokalen Behörden und Naturschützer, bei dem die Lage im Sarambwe-Schutzgebiet analysiert und Maßnahmen zum Gorillaschutz beschlossen wurden. Ein Dialogkomitee wurde gegründet, das sich um die Lösung von Konflikten rund um das Reservat kümmern sollte. In lokalen Radiosendungen war über den Workshop berichtet worden, was die Akzeptanz der geplanten Vorhaben in der Bevölkerung erhöhte.

Die Arbeit des Dialogkomitees

Das gegründete Komitee klärte in der Folge die Menschen im Umfeld des Reservats über die Besonderheiten ihrer Umgebung auf, vertrat sie bei Partnern und vermittelte bei Problemen zwischen Bevölkerung und ICCN. Außerdem ergründete es die Bedürfnisse der Bevölkerung, trug sie bei Behörden und Naturschützern vor und half bei der Planung entsprechender Entwicklungshilfeprojekte. Auch mit der Nationalparkbehörde arbeitete das Komitee eng zusammen, indem es Wilderer anzeigte und an ICCN-Sitzungen teilnahm. Die Bevölkerung wurde laufend über alles informiert.

Zwischen 2009 und 2011 wurde eine große Zahl von Schutzmaßnahmen im Reservat durchgeführt: Ein Wegenetz von 28 km Länge wurde angelegt zur besseren Beobachtung der Tiere und für den Tourismus. Auf 14 km wurden die Grenzen des Gebiets durch Baumpflanzungen (Erythrina abyssinica) markiert. Eine 75 Hektar große Randzone für die Wiederaufforstung wurde geschaffen. Die Patrouillen erhielten Geldmittel zum Kampf gegen die Wilderei. Die Bewohner der Dörfer rund um das Reservat profitierten direkt: Hunderte erhielten Arbeit.

Auf einem guten Weg

In Baumschulen wurden Bäume und Sträucher gezogen, zur Nutzung durch die Bevölkerung und zur Aufforstung entwaldeter Flächen. Die Baumarten dafür bestimmten die Anwohner selbst und waren daher nicht mehr darauf angewiesen, sich Holz aus den Schutzgebieten zu holen.

Regelmäßige Patrouillen im Sarambwe-Reservat halfen, um die Bevölkerung – auch aus Uganda – davon abzuhalten, wieder in das Schutzgebiet einzudringen. Auch die Wilderei blieb auf diese Weise unter Kontrolle. Ermöglicht wurde dies durch die regelmäßige Bezahlung der Wildhüter und durch die Ausrüstung, die sie erhielten. B&RD finanzierte den Bau einer Wildhüterstation, die im Dezember 2010 fertig gestellt wurde.

Alles war auf einem guten Weg. Dann kam der Mai 2012. Zweimal wurde der Posten Sarambwe von durchziehenden M23-Rebellengruppen angegriffen und ein Wildhüter wurde angeschossen. Daraufhin zog das ICCN die Wildhüter ab. Wenige Tage später wurden zwei Menschen in den Dörfern bei Sarambwe von Maï-Maï-Milizen getötet. Der Chef von Kisharu, Präsident des Dialogkomitees, starb nach Misshandlungen durch die Milizen.

Dieses Jahr im Juli

Im Juli schien die Situation stabilisiert, so dass B&RD eine Wiederaufnahme der Schutzmaßnahmen planen konnte. Claude Sikubwabo wurde beauftragt, die Lage vor Ort zu prüfen und notwendige Maßnahmen zu koordinieren. Ein Monitoringsystem soll nun eingerichtet und der Patrouillenposten wiederhergestellt werden. Die Motorräder, die die Wildhüter vor den Rebellen retten konnten und die für die weitläufigen Wege im Schutzgebiet notwendig sind, müssen repariert werden. Auch die grenzübergreifenden Patrouillen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Uganda sollen wiederaufgenommen werden. Weitere Unterstützung für die Ausrüstung und die Verpflegung der Patrouillen sind vorgesehen. Schließlich soll endlich auch die Wasserversorgung des Patrouillenpostens Sarambwe fertiggestellt werden.

Im Sarambwe-Reservat gibt es mehrere Quellen, aber die Wildhüterstation hat noch keinerlei Wasserversorgung. Die dafür benötigten Materialien hatte Claude Sikubwabo bereits im Frühjahr mit Mitteln des Europäischen Zooverbands EAZA gekauft, aber die M23-Überfälle hatten alles unterbrochen. Mittlerweile wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Dabei finden Menschen aus der Umgebung Beschäftigung, und die Einwohner des Ortes Sarambwe erhalten die Möglichkeit, ihre Häuser ebenfalls an die Wasserleitung anzuschließen. So profitieren die Familien der Wildhüter und die Kirche in der Nähe des Wildhüterpostens von der Wasserleitung, und die Hygiene wird sich verbessern. Auch für die Gesundheit der Gorillas ist dies wichtig.

Die Gorillas kehren zurück

Seit Juli 2013 sind wieder drei Fährtenleser in Sarambwe unterwegs. Sie führen Beobachtungen durch und übermitteln Informationen. Am 13. September und am 6. Oktober 2013 wurden zwei gemischte Patrouillen unter Militärschutz durchgeführt. Seitdem findet das Reservat wieder zur Ruhe, die Zerstörungen, die ugandische Holzfäller während der Besetzung angerichtet hatten, gehen zurück. Bei der zweiten Patrouille wurden u. a. frische Kotspuren von Gorillas gesichtet. Dank der Arbeit der Wildhüter halten sich die Gorillas im ganzen Schutzgebiet wieder häufiger auf.

Claude Sikubwabo: "Am 8. Oktober 2013 meldete die Beobachtungsstation, dass die Gorillafamilie Rushegura bei Bizenga in Richtung Sarambwe gewandert ist, begleitet von ugandischen Soldaten und Wildhütern aus Bwindi." Sobald wie möglich wird das ICCN den Posten Sarambwe wieder besetzen und hofft, dass internationale Organisationen ihre Bemühungen zum Schutz des Reservats erneut verstärken. Dann wird der Ostkongo ein lebenswerteres Umfeld für Menschen und Gorillas sein.