Was ist denn DAS?

Kategorien: Ausgabe 60, Gorilla Journal, Bestandsaufnahme, Verhalten

Kamerafallen-Bild aus dem Loango-Nationalpark (© Loango Ape Project/MPI-EVA)

Kamerafallen werden heute oft verwendet, um den Tierbestand in wenig bekannten Gebieten zu untersuchen. Doch wie reagieren die beobachteten Tiere auf die Kameras? Damit befasste sich eine Studie bei afrikanischen Menschenaffen.

Beobachtungen mit Kamerafallen sind auch bei Primaten zu einer wichtigen Überwachungsmethode geworden. Allerdings ist noch wenig darüber bekannt, wie die Tiere selbst die ihnen unbekannten Geräte wahrnehmen. Daher untersuchten wir jüngst die Reaktionen von freilebenden afrikanischen Menschenaffen (Bonobos, Schimpansen und Gorillas), als sie sich diesem neuen Objekt, einer Kamerafalle, gegenübersahen. Es ging uns darum, die Verhaltensweisen der verschiedenen Arten, sozialen Gruppen und Individuen zu beurteilen. Unsere Ergebnisse sind auch interessant für den Schutz und die Erforschung der Menschenaffen.

Die ursprüngliche Studie umfasste 43 Gruppen in Gebieten, in denen bis dahin noch keine solchen Geräte eingesetzt worden waren. Zu ihnen gehörten 22 Gruppen Westlicher Flachlandgorillas und eine Cross-River-Gorillagruppe. An 14 Standorten installierten wir Kamerafallen, auch in Lebensräumen, in denen sowohl Schimpansen als auch Gorillas lebten. Die Kamerafallen wurden am Boden, entlang von Pfaden, bei Nahrungsbäumen, Baumstammbrücken und an Wasserquellen angebracht.

Zunächst überprüften wir alle Videos auf Schauimpulse, bei denen mindestens ein Tier sich dem Gerät zuwendet und es ansieht. Dieser Schauimpuls wurde als Interesse am neuartigen Objekt registriert. Danach prüften wir sorgfältig all diese Ereignisse mit einem detaillierten Ethogramm auf neophobe und neophile Verhaltensweisen. Außerdem maßen wir die Dauer des Anschauens der Kamera. Wir konnten nicht alle Individuen auf den Videos identifizieren, daher fanden die Analysen einerseits auf der Ebene des Individuums, andererseits auf Gruppenebene statt. Sowohl eine neophobe als auch eine neophile Reaktion auf die Geräte beobachteten wir selten.

Analysen auf Gruppenebene zeigten bei Bonobos die stärksten Schauimpulse, gefolgt von Gorillas. Die wenigsten Reaktionen auf die Kamera zeigten die Schimpansen. Bonobo- und Gorillagruppen unterschieden sich in ihren Reaktionen nicht wesentlich. Dies spricht dafür, dass sie viel häufiger Notiz vom neuartigen Objekt nehmen als Schimpansen. Diese Unterschiede könnten an den Führungsstilen der Arten liegen. In klaren Dominanzhierarchien wie bei Schimpansen orientieren sich die Gruppenmitglieder eher an einem Leiter als bei egalitäreren Arten wie Bonobos. Letztere verhalten sich deshalb vorsichtiger gegenüber ihrer Umgebung. Bei Gorillas werden Gruppenentscheidungen vom Silberrücken getroffen. Man beobachtet aber große Unterschiede zwischen den Gruppen; dafür kann die jeweilige Persönlichkeit des Gruppenleiters ausschlaggebend sein. Bonobogruppen zeigten öfter neophobe Verhaltensweisen gegenüber den Kameras als Schimpansen und Gorillas, die sich hierbei nicht unterschieden.

Bei der Analyse der Reaktionen auf Individualebene stellten wir fest, wie viel Zeit die Tiere damit verbrachten, auf die Kamera zu schauen. Es gab keine artspezifischen Unterschiede, wohl aber Belege dafür, dass Jungtiere deutlich länger schauten als Erwachsene. Sie sind oft am neugierigsten und erkundungsfreudigsten, da sie in dieser Entwicklungsphase ihre soziale und physische Umgebung entdecken. Wenn mehrere Artgenossen zusammen waren, starrten die Tiere weniger auf die Kamera, da sie in der Gruppe weniger wachsam sein mussten. In der Nähe von Forschungsstationen war die Schauzeit ebenfalls geringer; dies deutet auf eine Gewöhnung an Menschen hin.

Insgesamt sind Kamerafallen eine ausgezeichnete kostengünstige Möglichkeit zur Beobachtung der Tierwelt. Allerdings sollten Biologen und Naturschützer vorsichtig mit der Installation dieser Geräte sein, insbesondere dort, wo Tiere wenig vertraut mit der Anwesenheit von Menschen und ihren Objekten sind. Bei Menschenaffen kann es zu Störungen der natürlichen Aktivität kommen. Sie könnten beispielsweise den Besuch und die Nutzung von Gebieten mit Kamerafallen meiden. Allerdings können sie sich auch schnell an die Kameras gewöhnen. Diese sollten am besten so positioniert werden, dass sie nicht im direkten Sichtbereich liegen und auch ängstlichen Tieren genug Raum lassen; der Zugang zu wichtigen Ressourcen muss möglich sein, ohne dass sie sich an den Geräten vorbeibewegen müssen.

Ammie K. Kalan