Dzanga-Sangha nach dem Putsch

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Seleka-Führer in Bayanga bei einer Ansprache an die Bevölkerung (© Christian Bassoum)

Die über 4500 km² großen Dzanga-Sangha-Schutzgebiete liegen in einem der letzten und größten intakten Waldgebiete der Zentralafrikanischen Republik. In den 90er-Jahren führte man dort Tourismus ein, um das Gebiet mit seiner außergewöhnlichen Artenvielfalt und seinen traditionsreichen Völkern aufzuwerten.

1997 wurde in Dzanga-Sangha das Primaten-Habituierungsprogramm PHP gestartet, das dem Tourismus und der Forschung dient. Bisher sind drei Gruppen Westlicher Flachlandgorillas an Menschen gewöhnt. Zwei weitere Gruppen werden derzeit habituiert. In zwei Waldcamps, Bai Hokou und Mongambe, arbeiten 60 lokale Kräfte als Führer und Spurensucher. Das Management der Schutzgebiete stärkt damit bewusst die Verbindung zur einheimischen Bevölkerung, etwa den Pygmäen vom Volk der Ba'Aka. Die Menschen sollen direkt von den Schutzgebieten profitieren, um deren Schutz nachhaltig zu gewährleisten.

Zwischen 2007 und 2011 besuchten 3000 Touristen und 15 Filmteams die Gorillas, aber auch etliche internationale Journalisten und Wissenschaftler. Das Projekt gilt als erfolgreichstes Schutzprogramm für Westliche Flachlandgorillas. Die Trackinggebühren deckten 2012 rund 75% der Betriebskosten, der Rest wurde vom Staat und durch den WWF finanziert. Lange rechnete man damit, dass sich das Projekt bis 2016 selbst tragen würde.

Der Putsch im März 2013

Doch dann kam es im Dezember 2012 in dem ohnehin instabilen Staat zu einer anhaltenden politischen Krise, die im März 2013 schließlich in einen Putsch mündete. Die "Seleka", eine muslimische Rebellenallianz, trieb den Präsidenten aus dem Amt und dehnte ihre Gewaltherrschaft auf das ganze Land aus. Innerhalb von 2 Jahren kam es zu den schlimmsten Gräueltaten, die die leidgeprüfte Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten erdulden musste.

Die Unruhen wirkten sich erstmals auch auf das Dzanga-Sangha-Gebiet aus, das bis dahin von politischen Erschütterungen weitgehend verschont geblieben war. Über 11 Monate wurde es von drei unabhängigen Splittergruppen heimgesucht. Das Hauptquartier in Bayanga wurde zweimal geplündert. Unverzichtbares Gerät wie Fahrzeug, Funkgeräte und Computer wurde entwendet. In der Umgebung brach Panik aus, da die Rebellen Dörfer aggressiven Säuberungen unterzogen. Mensch und Tier litten schwer unter Gewalt, Gesetzlosigkeit und Korruption. Eine Seleka-Splittergruppe metzelte mit Kalaschnikows 26 Elefanten nieder, hackte ihnen die Stoßzähne ab, verlud diese auf Pick-ups und verschwand. Ein Camp wurde rechtzeitig vor einem Überfall evakuiert. Als die Angreifer sahen, dass nichts zu holen war, verschwanden sie rasch und ohne die Gorillagruppen aufzuspüren. So überstanden die Gorillas die Krise unbeschadet.

Als die Seleka-Truppen im Februar 2014 nach fast einem Jahr aus Bayanga abgezogen waren, stellte sich ihnen landesweit die christliche Miliz "Anti-Balaka" entgegen. Diese verfolgte nun ihrerseits nicht nur die Angehörigen und Sympathisanten der Seleka, sondern ebenso harmlose muslimische Zivilisten. Sie drang auch nach Bayanga vor, wo sie die Wildhüter gewaltsam entwaffnete. Mittlerweile konnten Regierungstruppen die Milizionäre vertreiben und Recht und Ordnung wiederherstellen.

Das Projekt in unruhigen Zeiten

Während des Aufstandes hatte der Schutz der Mitarbeiter oberste Priorität. Die internationalen Mitarbeiter wurden evakuiert, während lokale Kräfte vor Ort blieben, um die Arbeit fortzuführen. Zu ihrem Schutz wurde ein ausgeklügeltes Frühwarnsystem mit Funkverbindungen, Kameras und Informanten aufgebaut und an ein Evakuierungsprogramm gekoppelt. Das Team stand in permanenter Alarmbereitschaft. Die Zentrale und die Camps wurden zweimal kurz vor Überfällen geräumt, waren aber nur wenige Tage unbesetzt. Ein ernstes Problem stellte auch die Versorgung des Teams dar. Ohne Projektfahrzeug und auf unsicheren Straßen stellte sie die Mitarbeiter vor enorme logistische Herausforderungen.

Zusätzlich nahm der Druck auf den Wald spürbar zu. Die Anwesenheit der Rebellen führte dazu, dass viele Bewohner der umliegenden Dörfer, traditionell Jäger und Sammler, sich in den Wald zurückzogen und dort ihren Lebensunterhalt durch Jagd bestritten. Dadurch stieg die Zahl der Fallen, Waffen und Lager im Schutzgebiet rapide an. Das Team intensivierte daraufhin die Patrouillen und stellte zusätzliche Wildhüter ein. Doch ohne eine Notförderung durch den WWF und andere Organisationen wäre dieses breite Engagement nicht möglich gewesen, da der Tourismus völlig zusammenbrach und infolgedessen die Einnahmen entfielen.

Nachdem die staatlichen Truppen Rebellen und Milizen im Februar vertrieben hatten, wurde der Park wieder geöffnet. Doch der Tourismus läuft nur schleppend an, da es im Land noch vereinzelte Unruhen gibt. Aus unserer Sicht haben sich die enormen Anstrengungen um das Habituierungsprogramm gelohnt, da die Gorillas in Dzanga-Sangha nachweislich besser vor Wilderern geschützt waren als die Tiere außerhalb des Gebietes, wovon auch andere seltene Arten profitierten.

Terence Fuh Neba und David Greer

Dzanga-Sangha gehört zum grenzübergreifenden Schutzgebiet "Tri-National Sangha" im Dreiländereck Zentralafrikanische Republik, Kamerun und Republik Kongo. 2012 erklärte die UNESCO dieses 25 000 km² große Gebiet zum Weltnaturerbe.