Genetische Gorillazählung

Kategorien: Ausgabe 38, Bestandsaufnahme, Uganda, Bwindi, Berggorillas, Gorilla Journal

Karte des Bwindi-Nationalparks mit den Stellen, an denen die Gorillagruppen bei der Bestandsaufnahme gefunden wurden. Die Größe der Kreise entspricht der Gruppengröße, Gruppen und Silberrückenmänner, die doppelt gezählt wurden, sind mit einer Linie verbunden (© Nachdruck mit Erlaubnis von Elsevier)

Karte des Bwindi-Nationalparks mit den Stellen, an denen die Gorillagruppen bei der Bestandsaufnahme gefunden wurden. Die Größe der Kreise entspricht der Gruppengröße, Gruppen und Silberrückenmänner, die doppelt gezählt wurden, sind mit einer Linie verbunden (© Nachdruck mit Erlaubnis von Elsevier)

Bwindi Impenetrable National Park (© Angela Meder)

Bwindi Impenetrable National Park (© Angela Meder)

Die Bwindi-Gorillas werden alle 4-5 Jahre gezählt. Bestandsaufnahmen 1997 und 2002 zeigten eine Zunahme von 300 auf 320 Tiere. Wie zuverlässig ist aber diese positive Entwicklung?

Das Problem bei Bestandsaufnahmen wildlebender Tiere ist, dass Individuen nicht direkt gezählt werden können. Man arbeitet deshalb mit indirekten Methoden wie dem Zählen von Nestern und Kot. In den kleinen Verbreitungsgebieten der Berggorillas, den Virungas und dem Bwindi-Nationalpark, benutzt man seit Jahren den so genannten "Complete Sweep"-Zensus zur Populationsgrößenbestimmung. Dabei schreiten mehrere Teams aus Rangern und Forschern den Wald engmaschig und systematisch ab und suchen Gorillanester. Sie erfassen dabei die geografischen Koordinaten der Nestplätze und die Zahl der Nester. Man geht allgemein davon aus, dass jeder Gorilla ein Nest für die Nacht baut; somit entspricht die Anzahl der Nester einer Nacht der Anzahl der Individuen in der Gorillagruppe. Gleichzeitig wird der Kot, den die Tiere morgens im Nest hinterlassen, vermessen. Der Durchmesser des Kotbolus gibt Hinweise auf die Größe des Gorillas. Aus diesen Daten lassen sich Rückschlüsse auf die Zahl der Tiere und die Altersverteilung in der Gruppen ziehen.

Bisher ging man davon aus, dass die sehr gründliche Complete-Sweep-Methode alle Gorillas erfasst und jedes Tier nur einmal zählt. Diese Annahme hat bisher jedoch niemand systematisch untersucht. Während es unwahrscheinlich ist, dass viele Individuen unentdeckt bleiben, kann man nicht ausschließen, dass einzelne Gorillas oder sogar ganze Gruppen doppelt gezählt werden. Im Jahr 2006 haben wir den Complete-Sweep-Zensus in Bwindi deshalb durch genetische Analysen ergänzt. Dazu wurden Kotproben aus Nestern gesammelt. Aus dem Kot gewonnene DNA ermöglichte es, individuelle genetische Profile der Gorillas zu erstellen und somit die Individuen zu zählen. Der Vergleich der beiden Methoden ergab einen auffallenden Unterschied: "Complete Sweep" zählte 30 Gruppen und 11 einzelne Silberrücken, insgesamt 336 Tiere; in Kombination mit der genetischen Untersuchung waren es aber nur 28 Gruppen und 10 einzelne Silberrückenmänner, insgesamt 302 Individuen.

Wie kommt der Unterschied von 34 Tieren und die Fehlerquote von 10,1% zustande? Die Studie belegt eindeutig, dass einzelne Gruppen mehrfach gezählt wurden. Zusätzlich stellte sich heraus, dass manche Tiere mehr als ein Nest an ihrem Schlafplatz bauen. Daher überschätzte die auf Nesterzählungen basierende Methode die Populationsgröße.

Wir können nun nicht mehr mit Sicherheit sagen, wie sich der Gorillabestand in Bwindi in den letzten Jahren verändert hat, da ältere Zählungen möglicherweise ebenfalls fehlerhaft sind. Erst künftige Untersuchungen können deshalb die genaue Bestandsentwicklung zeigen, sofern sie an genetische Analysen gekoppelt werden. Es ist allerdings kaum davon auszugehen, dass sich der Gorillabestand in Bwindi verringert hat; viel eher ist die Population einfach kleiner als früher angenommen.


Katerina Guschanski, Linda Vigilant, Alastair McNeilage, Maryke Gray, Edwin Kagoda und Martha M. Robbins